Bereits im Februar 2019 machte die Türkei bezüglich Hanf von sich reden, da Präsident Erdogan einem „persönlichen Impuls” folgend, sich für die Wiederentdeckung des Gewächses als Nutzpflanze einsetzte. In erster Linie sollte damit der Landwirtschaft unter die Arme gegriffen werden, in zweiter Linie wollte man etwas gegen den übermäßigen Verbrauch von Plastiktüten tun, deren Nutzung mit wiederverwertbaren Hanftaschen stark eingeschränkt werden könne.
Jetzt hat sich die türkische Regierung der Heil- und Nutzpflanze nach fünf Jahren der Ausweitung des Sektors ein ganzes Stück weiter angenähert und so wurde Ende Juni dem Parlament ein Gesetzespaket vorgelegt, dass eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Cannabisanbaus auf pharmazeutische, Gesundheitsprodukte, Nahrungsergänzungsmittel und Körperpflegeprodukte vorsah. Das Ziel bestand dabei auch darin, den Bedarf an Rohstoffen aus kontrollierter heimischer Produktion zu decken.
Dabei soll der angestrebte zukünftige Verkauf ausschließlich auf zugelassene Apotheken beschränkt sein, um die Produktkontrolle und allgemeine Sicherheit gewährleisten zu können.
Bereits jetzt von Vorteil
Da Hanf unglaubliche viele Einsatzmöglichkeiten mit sich bringt, hat sich die Vielseitigkeit der Pflanze bereits zu einer wertvollen Ressource in verschiedenen Branchen in der Türkei gemacht.
So werden die Teile von Hanf schon in der Automobilindustrie für Naturfaserkomponenten eingesetzt und auch im Bauwesen, da auch dort die hervorragenden Eigenschaften hervorstechen. Ebenso setzt man in der Textilindustrie, der Papierindustrie und bei der Herstellung von Biokraftstoffen auf den umweltfreundlichen, nachwachsenden Rohstoff.
Wie hurriyetdailynews.com berichtete ist der lizenzierte Anbau von Industriehanf derzeit in 19 von 81 Provinzen erlaubt, doch wird von Beamtenseite davon gesprochen, dass die Produktion in weiteren Provinzen erlaubt werden könnte. Schon jetzt hatte sich die Produktion von Industriehanf nach dem Schub von 2019 stark erhöht, sodass sie von 280 Tonnen im Jahr 2020 auf über 1.700 Tonnen im Jahr 2024 gestiegen ist.
Professor Selim Aytaç, ein führender Experte für Cannabis in der Türkei, betonte zudem, wie wichtig es sei, mit den internationalen Entwicklungen Schritt zu halten. Man müsse eine Strategie entwickeln, die die Türkei vom Anbau bis hin zu hochwertigen Endprodukten führen könne, sagte er gegenüber den Journalisten.
„„So können sowohl die Produzenten als auch das Land davon profitieren.““
Gesetz vom Parlament verabschiedet
Wie turkiyetoday.com vor wenigen Tagen meldete, hat das türkische Parlament nun bereits das neue Gesetz verabschiedet, das die bedeutende Reformen im Gesundheitswesen vorgesehen hatte – darunter eben auch den kontrollierten Verkauf von medizinischen Cannabisprodukten in Apotheken.
Das neue Gesetz mit dem übersetzten Titel „Änderungen bestimmter gesundheitsbezogener Gesetze und des Gesetzesdekrets Nr. 663” erlaubt fortan somit die regulierte Herstellung und folgend den Vertrieb von medizinischen Produkten auf Cannabisbasis, die einen niedrigen THC-Gehalt aufweisen. Alle derartigen Produkte haben somit keine psychoaktive Wirkung und unterscheiden sich somit von Cannabis für den Genusskonsum.
Das Landwirtschafts- und das Gesundheitsministerium werden die gesetzestreue Umsetzung in der Branche überwachen und bieten eine doppelte Überprüfung. Das Ministerium für Landwirtschaft und Forstwirtschaft soll dabei den Anbau und die Ernte von Cannabis überwachen, während das Gesundheitsministerium für die Bearbeitung, Zulassung, Aufbewahrung von Unterlagen und den Verkauf in Apotheken zuständig sein wird.
Um vollständige Sicherheiten und die Einhaltung allerV orschriften zu gewährleisten, werden alle medizinischen Cannabisprodukte zusätzlich über ein elektronisches Überwachungssystem erfasst. Zudem dürfen nur zugelassene Apotheken die Produkte verkaufen, und ihre Verwendung wird auf verschriebene medizinische Behandlungen beschränkt bleiben.
Hingewiesen wird von Taner Ercanli, einem Vorstandsmitglied des türkischen Apothekerverbands, darauf explizit, dass medizinisches Cannabis schmerzstillende und antidepressive Wirkungen hat und sich deutlich von Marihuana zu Genusszwecken unterscheiden würde.
Dass hier trotzdem ein neuer Markt mit gewissem Potenzial entsteht, haben ähnliche Entwicklungen in anderen Teilen Europas aber ja bereits bewiesen.
