Der Weg ist frei für die wachsende Zahl von Kommunen, Universitäten und Cannabisunternehmen in Deutschland, um Modellforschungsprojekte für Cannabis für Erwachsene zu starten. Das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gab diese Woche bekannt, dass es offiziell eine Verordnung unterzeichnet hat, die es zur Regulierungsbehörde für Modellprojekte im Land macht. Dies ist zwar eine große Erleichterung für die inzwischen 27 Kommunen in den Bundesländern, die bereits ihr Interesse an solchen Pilotprojekten bekundet haben, doch dieser „wichtige Schritt“ ist mit einigen Vorbehalten verbunden. In erster Linie hat das BMEL klargestellt, dass es sich hierbei nicht um die lang erwartete ‚Säule 2‘ des deutschen Cannabis-Liberalisierungsprojekts handelt, von der inzwischen allgemein erwartet wird, dass sie überhaupt nicht kommt. Angesichts der Tatsache, dass die Anti-Cannabis-Parteien ihren Vorsprung in den Umfragen vor den vorgezogenen Neuwahlen im Februar weiter ausbauen konnten, mehren sich die Spekulationen, dass diese Maßnahme von der neuen Regierung wieder aufgehoben werden könnte, was den Druck erhöht, diese Pilotprojekte so schnell wie möglich zu starten.
Was ist passiert?
Wie Business of Cannabis bereits berichtete, benötigt nach Kapitel 1 Abschnitt 2 Absatz 4 des geltenden CanG-Gesetzes „jeder, der Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken besitzen, anbauen, erzeugen, einführen, ausführen, erwerben, empfangen, abgeben, weitergeben, Cannabinoide aus der Cannabispflanze gewinnen oder mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken handeln will, eine Erlaubnis“. In dem Gesetzesentwurf vom April 2024 mit dem Titel ‚Konsum-Cannabis-Wissenschafts-Wissenschafts-Verordnung‘ (KCanWV) hat sich die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), der Verwaltungsarm des BMEL, als zuständige Behörde für Genehmigungen, Überwachung und Durchführungsbestimmungen festgelegt. Da Cannabis nach der Verabschiedung der 1. Säule nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft ist, würde die Zuständigkeit für die Überwachung von Cannabis-Modellprojekten vom BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte), das traditionell für Betäubungsmittelangelegenheiten zuständig ist, auf die BLE übergehen. Seit Monaten wartet die Branche auf die Bestätigung, dass die BLE tatsächlich die Aufsichtsbehörde für diese Modellprojekte sein wird. Die Beteiligten haben jedoch keine Zeit damit verschwendet, sich auf die letztendliche Bestätigung vorzubereiten, da Dutzende von Gemeinden, Unternehmen und Universitäten ihre Absicht bekundet haben, dies zu tun.
In dieser Woche unterzeichnete Landwirtschaftsminister Özdemir von den Grünen eine Verordnung, die seine Organisation offiziell als Regulierungsbehörde bestätigt und Forschungsprojekte ermöglicht, nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist und die Anträge nun an die BLE geschickt werden können. „Die jetzt erlassene Verordnung – die Verordnung über die wissenschaftliche Verantwortung von Cannabis für Verbraucher – sieht vor, dass die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung entsprechende Forschungsanträge prüft und die genehmigten Projekte überwacht… Forschung an und mit Cannabis für Verbraucher ist jetzt wieder möglich, bedarf aber einer Genehmigung. Die Antragsteller müssen die im Cannabis-Verbraucherschutzgesetz festgelegten Kriterien erfüllen, die erforderliche Sachkenntnis nachweisen und ein Interesse an der Forschung bekunden“, heißt es in der Verordnung.
Nicht ‚Säule 2‘
Entgegen den Erwartungen hat das BMEL klargestellt, dass dies von der mit Spannung erwarteten zweiten Säule des CanG-Gesetzes getrennt ist. Wie im Eckpunktepapier dargelegt, würde Säule 2 „Spezialgeschäfte landesweit in einem umfassenden und detaillierten Gesetz“ testen, das Berichten zufolge noch vom Gesundheitsministerium ausgearbeitet wird, das auch noch die Verantwortung für die Genehmigung von Forschungsprojekten für medizinisches Cannabis trägt. Damit öffnet diese Entwicklung nun die Tür für ein Modell, das sich eng an die Schweiz anlehnt, in der kleinere Einzelstudien zu Cannabis für Erwachsene und Industriehanf durchgeführt werden können. Säule 2 ist stärker national ausgerichtet und würde den Verkauf von Cannabis für den Erwachsenengebrauch in speziellen Geschäften beinhalten, um landesweit aussagekräftige Daten darüber zu gewinnen, wie sich die Legalisierung von Cannabis für den Erwachsenengebrauch auf eine Reihe von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren auswirken würde. Laut BMEL sollte der Schwerpunkt der nun freigegebenen Forschungsprojekte auf „einem besseren Schutz für junge Menschen, einer stärkeren Reduzierung des Schwarzmarktes und der organisierten Kriminalität sowie einer Erhöhung des Verbraucherschutzes durch risikoärmere Konsumformen“ liegen.
Die Forschungsprojekte
Im November veröffentlichten Hannover und Frankfurt ‚Absichtserklärungen‘, um den kontrollierten Verkauf von Cannabis an Tausende von Teilnehmern durch neue Modellprojekte zu starten, die nun offiziell das Genehmigungsverfahren einleiten können. In Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Frankfurt am Main hat die Stadt Pläne angekündigt, eine fünfjährige Studie zu starten, in der den Bürgern in vier spezialisierten Geschäften reguliertes Cannabis für Erwachsene angeboten werden soll. Das Hauptziel der Studie ist es, die 50.000 gemeldeten Cannabiskonsumenten der Stadt vom Schwarzmarkt wegzuführen, da Studien darauf hindeuten, dass ein Großteil des verfügbaren Cannabis entweder mit anderen, gefährlicheren Betäubungsmitteln oder mit Schadstoffen wie Schimmel und Pestiziden verunreinigt ist. Der deutsche Betreiber von medizinischem Cannabis, die Sanity Group, wird die Läden beliefern und verwalten. Laut ihrem CEO Finn Age Hänsel hat sich das Unternehmen schon seit einiger Zeit auf den Start dieses Versuchs vorbereitet. Gleichzeitig kündigte die Stadt Hannover mit Unterstützung der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover an, eine ähnliche Studie zu starten, die ebenfalls von der Sanity Group beliefert werden soll. Die auf fünf Jahre angelegte Studie wird 4000 Teilnehmer rekrutieren, um die Auswirkungen des regulierten Cannabisverkaufs auf das individuelle Konsumverhalten sowie die Auswirkungen auf Gesundheit, Jugendschutz und den illegalen Markt zu untersuchen. Sie soll zeitgleich mit Frankfurt beginnen und wird von der Fachhochschule Frankfurt unterstützt, während eine vergleichende Studie mit Mitgliedern des Cannabis Social Club Hannover e.V. (CSC) durchgeführt wird. Diese Ankündigungen folgten ähnlichen Absichtserklärungen der Stadt Wiesbaden von Mitte August. Der Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW) hat nun interessierte Universitäten und Unternehmen dazu aufgerufen, rechtzeitig Bewerbungen einzureichen, und sagt, dass bisher ‚mindestens‘ 27 Kommunen und Bundesländer in ganz Deutschland ihr Interesse an Cannabis-Pilotprojekten bekundet haben. Eine umfassende Liste dieser Anträge finden Sie hier, und die Organisation sagt, dass ‚zahlreiche Unternehmen und Universitäten‘ ebenfalls Interesse bekundet haben. „Verschiedene Forschungsprojekte werden uns neue Erkenntnisse darüber liefern, wie der Freizeit-Cannabismarkt in Zukunft am besten reguliert werden kann. Dies ist ein wichtiger Beitrag, um den Schwarzmarkt mittel- bis langfristig deutlich einzudämmen“, sagt Dirk Heitepriem, Präsident des Bundesverbandes der Cannabiswirtschaft (BvCW). Der kanadische Cannabis-Gigant High Tide erklärte gegenüber Business of Cannabis , dass er sich ebenfalls darauf vorbereitet, an den neuen Pilotprojekten teilzunehmen. „Wir bei High Tide haben die Entwicklungen der deutschen Gesetzgebung und Regulierung seit 2022 genau verfolgt. Daher haben wir uns auf die Teilnahme an diesen Verbraucherforschungsprojekten vorbereitet und prominente Akademiker angeworben, um einen Vorschlag zu entwickeln, der sich auf das Verbraucherverhalten konzentriert. „Diese Forschungsprojekte sind nur eine Säule eines umfassenderen Plans, an dem wir arbeiten, um High Tide und unsere Marke Canna Cabana nach Deutschland zu bringen, und wir freuen uns darauf, Ihnen bald weitere Einzelheiten mitzuteilen“, sagte Omar Khan, Chief Communications and Public Affairs Officer von High Tide.
Dieses und weitere Themen werden im kommenden Global Cannabis Report von Prohibition Partners ausführlich behandelt: 5. Ausgabe. Dieser Bericht soll im Dezember 2024 veröffentlicht werden und kann jetzt vorbestellt werden.